Abenteuer Klima in der ARD Mediathek, 6 Folgen, Nachwievor das Beste zum Thema Kipppunkte!
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01 Grönland30 min.                                
02 Amazonien30 min.                             
 03 Alaska30 min.
 04 Ozeanien30 min.
 05 Afrika30 min.
 06 Indien und Himalaya30 min.

 

Einmal Heißzeit und zurück
Kann man Kippprozesse rückgängig machen?

 

Je länger eine substanzielle Reduzierung der Treibhausgasemissionen hinausgezögert wird, desto weiter schreiten die Kippprozesse im Klima- und Erdsystem voran.
Eine neuere Studie des PIK gibt eine Faustformel vor: 5 Jahre Verzögerung der Reduzierung verursachen 20 cm zusätzlichen Meeresspiegelanstieg. Das ist schon schlimm genug.
Aber wir kommen ja auch vielen Kipppunkten im Klimasystem immer näher und heißt es nicht, gekippt ist gekippt?
Eine symbolische Klimapolitik des Aufschubs und der Vertagung, des so tun „als ob“, wie in den vergangenen 25 Jahren, in denen sich die Emissionen verdoppelt haben, ist auch mit dem Etikett freiwilliger Selbstverpflichtungen, nicht mehr verantwortbar.
Aus dem Rahmen gefallen
Seit der Umweltkonferenz in Rio im Jahre 1992 und der dort beschlossenen Klimarahmenkonvention, trat der Schutz des Klimas nicht auf der Stelle, sondern er wurde um Jahrzehnte zurückgeworfen und fast unmöglich gemacht.
Im letzten Vierteljahrhundert sind wir aus dem Rahmen gefallen, dem der Klimarahmen-Konvention und aus dem des Klima- und Erdsystems und jetzt läuft uns die Zeit davon, da wir zuvor der Zeit und ihren Forderungen davongelaufen oder davongefahren sind.
Die Entwicklung ging seit Rio genau in die entgegengesetzte Richtung des eigentlich Notwendigen,- die Treibhausgasemissionen wurden nicht reduziert, sondern sie stiegen auf das heutige gigantische Niveau. Durch die Operation „Globalisierung“ verdoppelten sie sich allein beim CO2 von 20 auf heute über 40 Gigatonnen.
Lediglich in Deutschland und Europa gab es in den 90ern zeitweilige Reduzierungen, die aber im Wesentlichen durch die massive Deindustrialisierung und den Umbau des kollabierten Ostblocks zustande kamen. Wenn Deutschland sich wegen der ostdeutschen Emissionsrückgänge zum „Klimaweltmeister“ kürte, so ist das nicht nur unlauterer Wettbewerb, sondern völlig verlogen, da sich deutsche Konzerne gleichzeitig bei der Motorisierung der halben Welt eine goldene Nase verdient haben.
Allein zwischen 2005 und 2013 erhöhten sich die globalen CO2- Emissionen schon wieder um satte 50% (siehe IPCC) und „Wahnsinn“ wurde zum Wort des neuen Jahrtausends.
In der Tat, anders kann man es nicht bezeichnen. Wenn man 25 Jahre nichts getan hätte, wäre es schlimm genug gewesen, aber man hat 25 Jahre das Falsche getan, wodurch eigentlich 50 Jahre für den Klimaschutz verschenkt wurden.
Es ist müßig, hier aufzuzählen, was sich alles verdoppelt und verdreifacht hat,- die Autos, die Waldverluste und sicher auch die Gewinne und noch sicherer die Entropie, -entscheidend sind die verlorene Zeit und die Potenzierung des Klimaproblems zur Klimakatastrophe.
Es erfolgte nicht nur eine beispiellose Kapitalakkumulation, sondern eine ebensolche Problemakkumulation. Wir sind aus dem Rahmen gefallen. Doch entweder wir bleiben im Rahmen des Möglichen, innerhalb der lebensfreundlichen Rahmenbedingungen, die das Klima- und Erdsystem seit Jahrmillionen aufrecht erhält, oder wir werden ihn auf immer verlassen. Das kann man so doppeldeutig nehmen, wie es gemeint ist.
Die Erde ist schon dabei, die Schwelle zur Heißzeit zu überschreiten und in einen lebens-feindlichen Systemzustand überzugehen. Vielfältige Kippprozesse destabilisieren das System Erde und seine Fähigkeit lebensfreundliche Umweltbedingungen aufrecht zu erhalten.
Kippprozesse sind in vollem Gange
Bedeutende Elemente des Klima- und Erdsystems sind nicht nur instabil geworden, sondern haben sich in den letzten 20 Jahren bereits fundamental und wahrscheinlich irreversibel verändert. Wenn das Kriterium eines Kippprozesses ist, ob und wie schnell Störungen noch ausgeglichen werden (Martin, 2015), dann sind die meisten Elemente im Klima- und Erdsystem bereits am Kippen. Die Kipppunkte sind laut Prof. Schellnhuber, vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), viel näher, als bisher gedacht. Die Arktis ist längst gekippt und hat schon mehr als die Hälfte ihres Meereises verloren,- sie könnte schon in 10 Jahren im Sommer völlig eisfrei sein.
Die globale atmosphärische und ozeanische Zirkulation hat sich erheblich verändert, es erfolgt ein massiver Wärmetransport polwärts.
Damit verändern sich auch die Niederschlagsmuster weltweit immer stärker.
Die Borealen (Nordischen) Wälder und der Amazonasregenwald sind von Trockenheit und schweren Dürren betroffen. Die Waldbrände haben weltweit erheblich zugenommen.
Der Eisverlust der Eisschilde und Gletscher hat sich in nur 10 Jahren fast verdreifacht.
Beim Grönländischen Eisschild hat sich der Eisverlust sogar vervierfacht,- ein schnelles vollständiges Abschmelzen scheint unaufhaltsam.
Die Erwärmung der Arktis kann man nur dramatisch nennen, doch auch in der Antarktis gibt es großflächige Erwärmungen um fünf Grad und mehr. Der Westantarktische Eisschild beginnt instabil zu werden (durch Erwärmung von unten (Rahmstorf 2014), auch die Ostantarktis ist betroffen.
Jenseits von Kipppunkten treten verstärkt positive, also verstärkende Rückkopplungen mit anderen Elementen des Klimasystems auf, so dass sich die Veränderungen wechselseitig aufschaukeln. Am Beispiel der Arktis zeigt sich das besonders deutlich.
Die Arktis ist bereits gekippt
, erinnerte uns eisige Polarluft zum meteorologischen Frühlingsanfang,- der Polarwirbel war zusammengebrochen. Gleichzeitig war es in der Arktis viel zu warm, teilweise wärmer als in Mitteleuropa, was zu massiven Eisverlusten und der bisher geringsten Meereisbedeckung führte.
Wo doch schon die eine Hälfte des Meereises verschwunden ist und die andere immer dünner wird. Das ist in nur 20 Jahren passiert, einem erdgeschichtlichen Wimpernschlag und es ging viel schneller, als gedacht. Und in nur 10 Jahren wird die Arktis im Sommer wahrscheinlich ganz eisfrei sein und dem Atlantik immer ähnlicher werden.
Die Arktis ist unwiderruflich gekippt, nichts wird mehr so sein, wie es war.
In der sich am schnellsten erwärmenden Region der Erde ist durch das Verschwinden des arktischen Meereises und die veränderte Albedo (Wärmerückstrahlung) nun noch eine Art zusätzlicher Heizung in Betrieb. Es werden nicht mehr 80-90% der Wärmeeinstrahlung durch
Eis und Schnee reflektiert, sondern das Meerwasser nimmt 80-90 % der Wärme auf und speichert sie. Je weniger Eis, desto stärker die Erwärmung, je stärker die Erwärmung, desto weniger Eis.
Die Atmosphärische Zirkulation der Nordhalbkugel ist völlig durcheinander, warme Luft strömt oft weit nach Norden und kalte Luft nach Süden, die Nordischen Wälder trocknen aus und brennen immer häufiger und der Permafrost taut immer stärker auf. Wir haben es hier mit einer klassischen Rückkopplungsschleife zu tun, die gleich mehrere Verstärkungen hat: Immer mehr CO2 in der Atmosphäre -Erwärmung –Eisschmelze –veränderte Albedo-weitere Erwärmung- veränderte atmosphärische Zirkulation –zusätzliche Erwärmung -tauender Permafrost- Freisetzung von CO2–Freisetzung von Methan –beschleunigte weitere Erwärmung mit noch mehr Eisschmelze und noch mehr auftauendem Permafrost und Wäldern unter Hitzestress und mit verringerter CO2- Aufnahme usw.usf.

Die Erderwärmung wird also auf vielfache Weise verstärkt.
Besonders bedeutsam ist die massive Freisetzung von Treibhausgasen aus natürlichen Quellen und die gleichzeitige Schwächung der natürlichen CO2- Senken, ein Vorgang der nicht nur in der Arktis, sondern weltweit stattfindet.
Der Kollaps des Kohlenstoffkreislaufs
Prof. Johan Rockström vom Stockholm Resilience Centre, der neue Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), prognostiziert In seiner Stellungnahme „The 10 Science must knows on Climate Change“ den bevorstehenden weitgehenden Zusammenbruch der biosphärischen Kohlenstoffsenken ab ca. 2030.
Im Diagramm über einen Dekarbonisierungspfad entsprechend dem Pariser Abkommen (siehe Bild oben), sind die möglichen Entwicklungen skizziert. Die Fähigkeit der Wälder und Ozeane, Kohlendioxid zu binden, reduziert sich demnach auf etwa ein Drittel bis 2060, um danach weiter abzunehmen.
In seinem Diagramm schließt Prof. Rockström diese gigantische Lücke im Kohlenstoffkreislauf durch anthropogene CO2- Senken, die ab ca. 2040 den Verlust der natürlichen Senken ausgleichen und 2100 deren Kapazität von 2010 erreicht haben sollen. Dieses Diagramm ist in mehrfacher Hinsicht äußerst bemerkenswert.
Einmal ist es natürlich erschreckend, dass der Zusammenbruch der Biosphäre so nahe bevorstehen könnte. Zum anderen tut sich darin ein enormer Technikoptimismus kund. Könnte die Menschheit tatsächlich fast die gesamte Biosphäre ersetzen und
Kippprozesse rückgängig machen?
Dies scheint angesichts der Tatsache, dass die Menschheit ja nicht einmal in der Lage ist, die vorhandene Biosphäre zu bewahren, zwar von vornherein als unwahrscheinlich, doch die Rückkopplungen und Verstärkungen im Erdsystem machen es eigentlich unmöglich.
Wenn die Landbiospäre weitgehend kollabiert, reduziert sich ja nicht nur die CO2- Aufnahme, sondern es werden früher oder später durch Waldbrände und mikrobielle Zersetzung riesige Mengen Methan und CO2 in die Atmosphäre gelangen. Es sind etwa 500 Gigatonnen (Gt = Milliarden Tonnen) Kohlenstoff in der Biomasse gebunden, was 1830 Gt CO2 entspricht, das ist fast so viel, wie die Menschheit bisher insgesamt freigesetzt hat.
Auch das weitere Auftauen des Permafrosts setzt immer mehr CO2 und Methan frei und langfristig droht das Auftauen der Methanhydrate. Methan oxydiert nach etwa 10 Jahren zu Kohlendioxid und erhöht so letztlich den CO2- Gehalt der Atmosphäre, der sich durch all diese Emissionen aus der Natur mehr als verdoppeln könnte.
Für eine Reduktion bräuchte man zusätzliche Senkenkapazität und für den Ausgleich der Verstärkung der Erderwärmung durch weitere erdsystemischen Veränderungen (Albedo) noch welche.
Wenn man die Erderwärmung auf 1.5 oder 2 Grad begrenzen will, muss man den CO2- Gehalt der Atmosphäre zudem wieder senken, auf etwa 350 ppm. Heute beträgt er ja schon 410 ppm (parts per million) und bis 2060 dürfte er bereits auf 600 bis 700 ppm angestiegen sein.
Die künstlichen Senken müssten die vielfache Kapazität einer intakten Biosphäre erreichen.
Das ist wohl eine unlösbare Aufgabe, zumal die Anlage dieser künstlichen Senken, auch noch mit einer enormen Freisetzung von Treibhausgasen verbunden wäre.
Wenn die Kippprozesse im Klima-und Erdsystem bestimmte Punkte überschreiten, kann man das kaum wieder rückgängig machen, dann kippt das ganze System. Wir können nur vorher versuchen, diesen Point of no Return niemals zu erreichen.
Wenn uns dies nicht gelingt und alles so weiterläuft wie bisher, dann könnte die Zukunft bald so aussehen, wie in diesem, naturgemäß fiktiven Bericht aus dem Jahr 2035.
Er beruht allerdings auf den heute schon bekannten Tatsachen und verlängert die derzeitigen Entwicklungen lediglich in die Zukunft.
Ein Bericht aus der Zukunft des Jahres 2035
„Es ging dann alles sehr schnell.
Im Jahr 2028 war die Arktis das erste Mal im Sommer völlig eisfrei. Die Temperaturen in den nördlichen Polarregionen erhöhten sich, nach den schon dramatischen Anstiegen der letzten Jahre noch einmal schlagartig und es kam zu einer beispiellosen Waldbrandsaison in den Nordischen Wäldern. Das Auftauen des Permafrost trat in ein neues Stadium und die Freisetzung von Methan und Kohlendioxid nahm dramatisch zu. Die jährliche Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre verdoppelte
sich. Ein Jahr später kollabierte der Amazonasregenwald in einer Superdürre und ging zu großen Teilen in Flammen auf, nachdem er schon all die Jahre davor, schwer von Dürren betroffen war.
Damit war der Kohlenstoffkreislauf unumkehrbar aus dem Gleichgewicht gebracht und die globale Durchschnittstemperatur erhöhte sich erheblich. An eine Kompensation des weitgehenden Verlustes der natürlichen CO2- Senken durch menschliche Ausgleichsmaßnahmen, wie großflächige Neupflanzungen, war angesichts der weltweiten Zunahme von Katastrophen immer größeren Ausmaßes, nicht zu denken. Die Atmosphärische Zirkulation veränderte sich vollständig und chaotisch, und warme Luft konnte nach dem Zusammenbruch des Polarwirbels ungehindert nach Norden fließen, doch auch im Süden wurde das „ewige“ Eis durch das Vordringen warmer Luft und warmen Wassers massiv destabilisiert.
Das Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes und der Antarktis beschleunigte sich dramatisch. Das Meer stieg nun um über 3cm jährlich, mit zunehmender Tendenz und würde schon zur Jahrhundertmitte fast einen Meter höher sein als bisher. Zudem kam es in Asien und Afrika zu schwersten Dürren und Überschwemmungen. Dutzende Millionen Menschen machten sich auf den Weg nach Norden.
Doch auch Europa und Nordamerika wurden 2033 von einer beispiellosen Dürre heimgesucht, es gab Missernten und Lebensmittelrationierung, Waldbrände wüteten aller Orten und die Flüsse begannen auszutrocknen, so dass Kraftwerke abgeschaltet werden mussten. Ein Jahr zuvor, hatten noch wahre Jahrtausendfluten weite Landstriche unter Wasser gesetzt und schwerste Verwüstungen angerichtet. Die heftigen Herbst- und Winterstürme hatten überdies gewaltige Zerstörungen in den Wäldern angerichtet.
Jetzt ging es um Überlebenssicherung, Reparaturen, Wiederaufbau, -darum, das tote Holz aus den Wäldern zu schaffen, die Energieversorgung sicherzustellen und umzubauen…
Wie sollte man da zig Milliarden Bäume pflanzen, um den Amazonas- Regenwald zu ersetzen. Wenn wir es in all den vergangenen Jahrzehnten nicht geschafft hatten, das Richtige und Notwendige zu tun, wie sollten wir es jetzt können? Jetzt musste sich jeder selbst helfen. Wir hatten uns die Erde endgültig zum Feind gemacht, - ihr zu helfen, das überstieg unsere Kräfte.“
So oder so ähnlich wird es früher oder später ablaufen. All diese Veränderungen sind ja heute schon im Gange und führen längst zu einer beständig zunehmenden Zerstörung und Destabilisierung des Systems Erde. Die Erde ist ja kein statisches System, sondern sie verändert sich gerade so schnell, wie niemals zuvor. Ihre Pufferkapazitäten sind offensichtlich aufgebraucht, sowohl bei der Wärmeaufnahme als auch bei der CO2- Aufnahmefähigkeit. Die CO2- Senken sind längst überlastet und schwer geschädigt und die Emissionen, auch aus natürlichen Quellen, z.B. aus brennenden Wäldern und auftauendem Permafrost, nehmen beständig weiter zu. Irgendwann ist der globale Point of no returne erreicht, an dem die Erde soweit destabilisiert ist, dass sie unumkehrbar in einen anderen Systemzustand übergeht.
Die natürliche Verstärkung der Erderwärmung
erfolgt zudem durch die dramatische Veränderung riesiger Flächen, -die Arktis, Grönland, Sibirien, Kanada, Alaska, die Antarktis, um nur einige der betroffenen Regionen zu nennen. Das sind dutzende Millionen Quadratkilometer, wo das Eis schmilzt und sich die Vegetation verändert und damit auch die Wärmerückstrahlung (Albedo).
Diese Veränderungen bewirken positive Rückkopplungen, also Verstärkungen und führen zu einer deutlich abnehmenden Albedo der Erde, einem weiteren, unterschätzten Kippelement im Klimasystem.
Genannt sei hier nur die Abnahme der globalen Meereisbedeckung, sie lag im November 2016 vier Millionen km² unter dem langjährigen Mittel. Das heißt, eine Fläche von der Größe der EU ist nun nicht mehr mit Eis bedeckt, wodurch der Erde zusätzlich eingeheizt wird.
Auf Grönland ist der Eisschild überdies zunehmend von einer grauschwarzen Schicht aus Schmutz- und Rußpartikeln bedeckt, was gleichfalls die Wärmerückstrahlung massiv reduziert und damit gleichzeitig das Abschmelzen des Eises beschleunigt.
Auch die weltweit rasant schrumpfenden Gletscher verstärken diesen Effekt, was man mancherorts durch das Auflegen weißer Plastikplanen zu verlangsamen versucht.
Wir Menschen würden sehr schnell wieder Demut gegenüber der Natur entwickeln und erfahren wie klein wir sind, wenn wir nur einen Bruchteil der riesigen Gebiete, die wir im Norden verändert haben, mit weißen Plastikplanen abdecken wollten.
Die Erde befindet sich auf dem Weg in eine beispiellose Klimakatastrophe, mit Folgen, deren Ausmaß wir bisher nur ansatzweise überblicken und die weder beherrschbar, noch rückgängig zu machen sein werden.
Das Zeitfenster für eine Begrenzung der Klimakatastrophe schließt sich gerade
und es wird sich nicht wieder öffnen. Kippprozesse in der Biosphäre und im Erdsystem können die Erderwärmung jederzeit beschleunigen. Es muss jetzt sofort entschlossen gehandelt werden, um die verbliebene Minichance einer Begrenzung noch zu nutzen.
Doch die Menschheit scheint den Ernst der Lage noch nicht wirklich begriffen zu haben, oder nicht begreifen zu wollen.
Vor allem die westlichen Gesellschaften befinden sich angesichts der Klimakatastrophe in einem interessegeleiteten Verblendungszustand, der sie gegen eine realistische Wahrnehmung der drohenden Gefahren regelrecht immunisiert und ein „Weiter so“, als das kleinere Übel erscheinen lässt. Dem wird noch durch die weitverbreitete Ansicht Vorschub geleistet, dass es ja erst ab drei Grad richtig gefährlich würde und man dann immer noch gegensteuern könne.
Substanzielle Gegenmaßnahmen werden daher immer wieder hinausgeschoben. Man will es scheinbar auch in den nächsten Jahren, wie schon in den 25 Jahren zuvor, bei symbolischer Klimapolitik belassen. Als sei noch alle Zeit der Welt. Dem ist aber nicht so!
Doch nachwievor steht Problemvertagung statt Problemlösung auf der Tagesordnung.
Russisch- Roulette mit der Erde
Unser eigener Größenwahn (Anthropozän) verkleinert die Erde zu einer handhabbaren Immobilie, von der wir meinen, wir könnten sie alle Zeit beliebig unseren Verwertungsbedürfnissen anpassen und beliebig steuern. All die starken Worte von Geoengeneering, Klimabeeinflussung und Terraforming sollen suggerieren, es gäbe notfalls einen technisch machbaren Weg zur Begrenzung der Erderwärmung, ohne Emissionsreduzierungen und ohne limitierenden Zeitfaktor, man könne also das Problem auch später irgendwie in den Griff zu bekommen. Das beruhigt vor allem die  Öffentlichkeit und beruhigt das eigene Gewissen.
Doch es ist ein Ausdruck von Verblendung und Selbstüberschätzung (Hybris) zu meinen, die Menschheit könne nachträglich einen planetaren Systemübergang rückgängig machen und bräuchte ihn deshalb nicht verhindern.
Hierin offenbart sich eine fatale Fehleinschätzung der Realität.
Wenn die Erde die Schwelle zur Heißzeit einmal überschritten hat, dann ist ein sich selbst verstärkender Aufheizungsprozess im Gange, den wir dann nicht mehr stoppen können. Wir spielen gewissermaßen Russisch- Roulette mit der Erde und haben noch nicht verstanden, dass der Revolver voll geladen ist.
Es gibt einen lebensfreundlichen Bereich von Umweltbedingungen, an die die Biosphäre und der Mensch sich über lange Zeiträume hinweg evolutionär angepasst haben und es gibt lebensfeindliche Umweltbedingungen. Eine nach erdgeschichtlichen Maßstäben, blitzartige Erwärmung der Erde um 5 oder gar 8 Grad, bedeutet den wahrscheinlich irreversiblen und viel zu schnellen Übergang in eine völlig andere Welt und überfordert damit jede Anpassungsfähigkeit, was das fast vollständige Aussterben des Lebens und der Menschheit zur Folge hätte. Diese Veränderungen würden mehrere Zehn bis hunderttausend Jahre andauern und sich möglicherweise noch weiter verstärken und es ist völlig ungewiss, ob sich das System Erde überhaupt jemals wieder lebensfreundlich stabilisieren kann.
Es ist an uns, diese Eskalation zu beenden und noch rechtzeitig abzurüsten.
Die Kohlendioxid-Emissionen müssen binnen 10 Jahren weit mehr als halbiert werden und schnellstmöglich gegen Null gehen und zusätzlich muss der Atmosphäre sofort Kohlendioxid in ungeheuren Mengen entzogen werden, noch vor dem Kollaps der Biosphäre,- wir müssten also die Photosynthese betreibende Pflanzenmasse eigentlich sofort verdoppeln, statt ihre absehbare Halbierung abzuwarten.
Denn im Jahr 2035 dürfte es bereits unmöglich sein, das Geschehen noch entscheidend zu beeinflussen.


Jürgen Tallig 2018       tall.j@web.de

PS: Der IPCC 2022:

B.6: Falls die globale Erwärmung über 1,5 °C hinausgeht, auch vorübergehend in Form eines Overshoots, dann werden eine Vielzahl menschlicher wie auch natürlicher Systeme zusätzlichen schwerwiegenden Risiken ausgesetzt sein, verglichen mit einer Stabilisierung der Erwärmung unter 1,5 °C. Abhängig davon, wie groß die Temperaturüberschreitung ausfällt oder wie lange sie andauert, werden manche Klimawandelfolgen eine zusätzliche Freisetzung von Treibhausgasen bewirken. Wieder andere Folgen werden unumkehrbar sein, selbst gesetzt den Fall, dass die Erwärmung später wieder verringert wird. https://de.wikipedia.org/wiki/Sechster_Sachstandsbericht_des_IPCC
Literatur:
Maria A. Martin, Das riskante Spiel mit dem Gleichgewicht, Kippelemente im Klimasystem, 2014
J. Tallig, „Die tödliche Falle“ in Umwelt Aktuell 11/2017